Krakau – Ein Kulturmarathon

 

Einmal im Jahr solltest du einen Ort besuchen, an dem du noch nie warst. Dalai Lama

 

 

 

„Wo könnten wir denn nächstes Jahr laufen?“ haben wir, die Laufgruppe vom SV Langen, uns Mitte des Jahres 2017 gefragt. Irgendein neues Ziel: „Ein Marathon, den noch keiner gelaufen ist“, „Krakau soll schön sein, da gibt es auch einen Frühjahrsmarathon.“

 

Nach der ersten Recherche über Stadt, Anreise, Startgebühren steht fest: Das wird es! Und wir werden nicht enttäuscht!

 

Krakau gehört, obwohl nicht die Hauptstadt, zu den beliebtesten Zielen Polens und gilt als das „Paris an der Weichsel“. Die geschichtsträchtige und gut erhaltene Stadt, in der Kultur auf Kulinarik, historische Bauwerke auf modernes Design treffen, wird uns in vier Tagen vielfältige Eindrücke verschaffen.

 

Unsere Reisegruppe besteht aus fünf Personen: Arjan, Heinz, Helmut, Marlen und mir (Tina).
Am Freitag den 20. April 2018 startet unserer Flieger ab Düsseldorf nach Krakau, wo wir die nächsten vier Nächte im schönen Aparthotel Leone in der Nähe der Altstadt (nur einen Kilometer zum Hauptplatz Rynek Glowny) und dem jüdischem Viertel Kazimierz verbringen. Freitags, am Anreisetag holen wir dann schon mal die Startunterlagen von der Marathonmesse. Der Eindruck hier: klein, aber fein. In der Startgebühr (70 Zloty/18 Euro!) bereits inbegriffen: Eventshirt und Pasta-Party am Vortag des Marathons. Ich kaufe mir noch eine schicke pinke Schirmmütze… gute Investition, wie sich herausstellen wird.
J

 

Unser Kulturmarathon beginnt am Samstag, dem Tag vor dem Marathon. Wir haben uns schon im Vorfeld einen Ausflug zum Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz & Birkenau gebucht, wissentlich, dass es bedrückend und erschreckend werden wird. Hierher sind im 2. Weltkrieg circa 1,5 Mio. Menschen aus weiten Teilen Europas von den Nazis deportiert und getötet worden, davon 90% Juden. Es ist aber auch unser Ansinnen gewesen, diese dunkle Geschichte zu erfahren, wenn uns schon die nahe Gelegenheit geboten wird. Wir wir legem jedem ans Herz, sich diesen Schreckensort anzusehen, um die Taten und Opfer unvergessen zu machen.
Abends suchen wir ein Lokal auf. Pasta-Party? – Nein: Pizza! – im Pizza & Pub Loft, sehr empfehleswert.

 

Sonntag, Marathontag! Frühes Frühstück im Hotel, denn um 9 Uhr ist Start auf dem prächtigen mittelalterlichen Rynek Glowny inmitten der Altstadt. Hier herrscht reges Treiben: LäuferInnen, die sich einlaufen, sich stretchen, ein letztes und allerletztes Mal das WC aufsuchen. Die Organisation ist sehr gut: keine Warteschlagen, kein Gedränge, die Startblöcke sind einfach zu finden; bei über 5000 Teilnehmern keine Selbstverständlichkeit. Jeder von uns hat ein individuelles Ziel (persönliche Bestzeit, eine bestimmte Pace, einfach Laufen). Unser gemeinsames Ziel ist es jedoch den Marathon auf jeden Fall zu genießen! Schließlich gilt der zweitgrößte Marathon Polens als der Sehenswerteste. Ich möchte den Marathon genießen, nehme mir keine bestimmt Pace vor, da ich zwei Wochen zuvor beim Hannover Marathon schon „Tempo“ gemacht habe. Ich fühle mich bei einem Tempo von 5:30 min/km meistens ziemlich wohl und ordne mich irgendwo hinter 3:45 Stunden ein, da ich lange Läufe meist eher defensiv angehe und irgendwann mein Tempo finde.

 

Startschuss! Über 5000 Läufer bahnen sich den Weg vom Marktplatz in der Altstadt raus ins Umland, vorbei am Stadion, in Vorbezirke, immer wieder entlang der Weichsel. Wir sehen von hier aus auch die Altstadt aus einer anderen Perspektive z.B. die prächtige Wawel-Kathedrale, die als Wahrzeichen Krakaus auf dem Wawel-Hügel seine Besucher und Läufer willkommen heißt. Die Sonne begleitet uns auf der ganzen Strecke mit all ihrer Kraft, was dem ein oder anderen Läufer zu schaffen macht. Gut, dass ich mir diese Mütze gekauft habe J. Bei mir läuft es leicht, ich finde mein Wohlfühltempo, das an diesem Tag bei im Durchschnitt bei 5:14 min/km liegt, schneller als erwartet J
Die Streckenverpflegung unterwegs ist gut aufgeteilt, alle 3-5 km gibt es Wasser oder Iso, zwischendurch Obst. Jedoch wird bei den letzten Läufern das Wasser knapp, was vermutlich dem warmem Wetter geschuldet ist… ärgerlich!

 

Das Ziel ist wieder auf dem Hauptplatz. Vorher geht es noch durch die Altstadtgasse, durch die wir auch gestartet sind, gesäumt von jubelnden Menschen. Die Kulisse des Marktes beim Zieleinlauf bei strahlendem Sonnenschein ist großartig. Viele Stände, die auch sonst aufgebaut sind, sind jetzt auch da und bieten ihre Ware feil. Marlen und ich werden dieses Angebot auch noch nutzen… Vorher aber gibt es ein wichtigeres Souvenir: die Medaille im Ziel!
Ich bin glücklich und stelle erneut fest, dass es einfach schön ist, einen Marathon im Wohlfühltempo, ohne selbstauferlegte Pace zu finishen; einfach „laufen lassen“
J
Meine Zielzeit: 3:40:49.
Die Zielverpflegung besteht aus Obst und Wasser, es gibt ein Massageangebot. Wir erfrischen uns kurz dort und kehren dann zum Hotel zurück, da unsere nahe Hoteldusche wartet!

 

Den Rest des Tages verbringen wir mit gemütlichem Schlendern über den Markt und durch die Gassen: Döner, Piwo und Eis verköstigen, Verweilen und dem regen Treiben auf dem Markt folgen. Marlen und ich kaufen uns hübsche(!), polnische Blumen-Haarreifen J.

 

Den Tagesabschluss finden wir in einem kleinen polnischen Lokal, das Slawo, ein Lauffreund, uns zeigt. Es gibt Typisches wie Pierogi und Buchweizengrütze.

 

Montag, der Tag danach, unser Kulturmarathon geht weiter. Wir haben uns für diesen Tag eine Tour durch die Stadt vorgenommen, um die Altstadt, das jüdische Viertel Kazimierz und das jüdische Ghetto zu erkunden. Gut für unsere (müden?) Beine, dass in Krakau überall Stadtrundfahrten in Golfcaddies angeboten werden. Diese gelangen auch in die engen Gassen von Kazimierz. Auf diese Weise lernen wir die Top-Sehenswürdigkeiten Krakaus kennen, u.a. die Marienkirche und die Tuchhallen, die allgegenwärtig auf dem Rynek Glowny stehen, die Wawel-Kathedrale auf dem Wawel-Hügel, den wir später auch zu Fuß erkunden werden, fahren vorbei an Oskar Schindlers Fabrik, durch das jüdische Ghetto und zuletzt nach Kazimierz mit seinen kleinen Synagogen, das ein beliebtes Viertel bei Studenten ist und viele Restaurants, Cafés und Szene-Treffs in seinen verwinkelten Gassen bietet. Nachdem wir die letzte aktive Synagoge besichtigen dürfen, besuchen wir eines dieser Restaurants auf dem Plac Nowy, dem Hauptplatz des Viertels. Es ist ein israelisches Restaurant, in dem vornehmlich orientalische Spezialitäten angeboten werden. Wir entscheiden uns für eine Auswahl an Mezzes (orientalische Tapas): Hummus, Babaganoush, Falafel, Fladenbrot,…

 

Zu Fuß zurück in der Altstadt erklimmen wir den Wawel-Hügel (unter dem ein Drache wohnt) und verweilen dort bis zum Abend. Nach unserem mexikanischen Abendessen (Krakau ist kulinarisch vielfältig, das haben wir ausgenutzt!) und ein bisschen Piwo und Wodka J verschlägt es uns in eine Karaoke-Bar, in der wir unseren letzten Abend gebührend feiern.

 

Dienstags (24. April 2018) geht es wieder zurück ins Emsland.
Unsere Marathonreise nach Krakau ist nicht nur eine Marathonreise gewesen. Wir erinnern uns nicht nur an den sportlichen Moment, sondern auch an die vielfältigen, prächtigen, kulinarischen und  auch ergreifenden Eindrücke der wohl schönsten Stadt Polens.